Von einer die auszog das Fürchten zu lernen. Der Flug in die Dunkelheit nach Grönland beginnt mit dem Abschied von der Sonne, die als roter Ball im Kabinenfenster glüht. Angekommen müssen Kamera und Mikro sofort gegen den eiskalten Wind ankämpfen. Nur die Fragmente von vermummten Gestalten die in einen Lichtkreis geraten, sind wahrnehmbar, keine Farben. Im Schwarz direkt neben dem Schein der Taschenlampe beginnt das Nichts. Innen in den Wärmeinseln dominieren das Gelb, das Rot, Hauttöne, – Farben mit hoher Farbtemperatur. Hier scheint die Isolation im gegenseitigen Vertrauen aufgelöst. Es werden Erfahrungen ausgetauscht, Gebrauchsanweisungen gegeben. Das Dunkle und die Kälte sind nicht nur geographische, meteorologische und physikalische – die Eigenschaften der Lichtwellen (auf Filmmaterial) betreffende – Phänomene, sondern tief verwurzelte atavistische. Das Dunkel ist lebensfeindlich und unberechenbar, mit existentieller Angst und dem Tod assoziiert.
Wieder geht es bei Judith Zdesar nicht um das dokumentarische Portrait eines Ortes und der Menschen, die dort leben, so wie es auch in ihrem Film Bilder aus dem Tagebuch eines Wartenden (2007) nicht um die Dokumentation junger Rekruten ging, sondern um das Aufzeigen von extremer Langeweile, die nur mit absurden Interventionen zu überbrücken war. In diesem Film werden in einem Selbstversuch Angst, Einsamkeit und das Ausgesetztsein in einem fremden Kontext tagebuchartig filmisch untersucht.
Langsam gewöhnen sich die Augen, die eigenen und das Auge der Kamera, an das Dunkle. Endlich wird es auch wieder heller. Nuancen von Grau, Blau und manchmal zartem Rosa beginnen aus dem konturlosen Nichts zu schimmern. Aber der Eisbär und das Unaussprechliche drohen weiter in der Nacht. Wenn die Hunde bellen, sollte man aufpassen. Aber wenn die Hunde immer bellen? (Birgit Flos)
DAS LETZTE BILD. AT / 2020. Dokumentarfilm. 70 min. in Produktion